Kolumne


Neulich war ich in Hannover im Zoo. Tolles Erlebnis. All die großen Tiere. Und dazwischen die kleinen. Hoch gereckte, schlanke Giraffen. Dicke Dickhäuter. Putzige Erdmännchen. Geier. Grönländische Eisbären. Mir fiel eine Geschichte ein, die nicht in Amerika und auch nicht in Europa spielt, sondern in Afrika.


Jeden Morgen erwacht in Afrika eine Gazelle. Sie weiß, dass sie schneller laufen muss als der schnellste Löwe, wenn sie am Leben bleiben will. Jeden Morgen erwacht in Afrika ein Löwe. Er weiß, dass er schneller laufen muss als die langsamste Gazelle, wenn er nicht verhungern will. Egal, ob mein Löwe ist oder eine Gazelle: Sobald die Sonne aufgeht, sollte man laufen. Für Jogger ist das eh klar. Vielleicht auch für Trump und den Rest seiner Welt. Bei der Wahl, ein Tier zu sein, würde Trump vermutlich schneller als alle anderen den König der Wildnis für sich selbst beanspruchen. Und die anderen springen lassen. Europa kann von Glück sagen, dass Trump kein Löwe, sondern ein Trumpeltier. Die Bibel weiß, dass Kamele nur sehr schwer in den Himmel kommen. Leichter kämen sie durch ein Nadelöhr. Das könnte eine Chance für Europa (mit Grönland) sein..


Die Koalition, die sich noch finden muss hat es da leichter. Niemand erwartet mehr, dass sie groß sein wird. Das ist vorbei. Aber nur eine Arbeitskoalition, wie neulich jemand aus der CDU meinte? Klingt ungewöhnlich bescheiden und nicht gerade attraktiv. Die größte Angst der CDU ist vermutlich, dass man ihr wieder (wie bei Merkel) nachsagt, sie würde die Politik der SPD machen. Also für soziale Gerechtigkeit sorgen, statt die Reichen reicher zu machen. Wirtschaftliches Wachstum und Bildungswachstum fördern. Klimaschutz mutig voranbringen, weil Zukunft nur so möglich ist. Eine geordnete, humanitäre und vernünftige Migrationspolitik ohne Panikmache betreiben. Die Verteidigungsfähigkeit stärken, um Frieden zu sichern. Europäisch denken und handeln. Die Ukraine nicht alleine lassen. Wäre doch eine vernünftige Politik in der neuen Koalition.


Mit der Aufhebung der Schuldenbremse und den frei gewordenen Krediten ist eine wichtige Hürde genommen. Wollten SPD und Grüne schon lange. Als sie noch mit in der Regierung waren. Jetzt ging es auf einmal ganz schnell. Warum nicht gleich? Ja, wenn man das wüsste. Aber was geht uns das Geschwätz von gestern an. Die Zeiten fordern uns zu neuem Denken und Handeln auf! Man schwört sich darauf ein, dass der Umgangston besser und das Benehmen zivilisierter werden soll. Bravo! Möchte man da rufen. Und: viel Glück und guten Erfolg bei den Verhandlungen zur Regierungsbildung! Und mutig voran! Wann wir schreiten Seit an Seit und mit uns die neue Zeit! Ursprünglich sollte der Text dieses Arbeiterliedes mal ein Liebesgedicht werden. Der Verfasser, ein Urenkel von Matthias Claudius hatte auf einer Heidewanderung eine junge Frau aus Österreich kennengelernt. Dann aber war er noch stärker beeindruckt von den erkämpften sozialen Fortschritten der Arbeiterbewegung. Das Lied wurde folgerichtig zum ersten Mal in der Monatsbeilage Die arbeitende Jugend der SPD und in der gewerkschaftsnahe Zeitung Hamburger Echo gedruckt. Zwischen CDU und SPD muss es ja nicht gleich etwas Romantisches werden. Gemeinsam für Gerechtigkeit und Frieden einzustehen würde schon reichen.


Kurt Jürgen Schmidt